Musikalisch geht es los: Die Tiunegels spielen das Weserlied. „Wo die Weser einen großen Bogen macht“ – heute fließt sie vermutlich in Richtung Nordsee. Weit gefehlt: Die Komödie ist zwar auf plattdeutsch, aber: „Es ist Tündernsches Platt“, erklärt Hans-Jürgen Müller.
von
Michael Krowas
Tündern. In der Region gibt es viele Gemeinden, in denen früher „Platt geschnackt“ wurde, sagt Müller. Er sollte es genau wissen, denn er ist seit 1974, dem Gründungsjahr von „Tundirum“, dem Verein zur Heimatpflege, im Vorstand. Ohr, Hilligsfeld, Hastenbeck, Emmerthal – sie alle hatten laut Müller ihre eigene Sprache, ähnlich den Schweizer Kantonen. Am Wochenende hieß es „Wo dat Leven so speelt“; das Theaterstück lockte an zwei Tagen fast 200 Neugierige in die herbstlich-liebevoll dekorierte Halle des TSV.
Die Wirtin will am liebsten „nach Italienien“ auswandern
Nach einer sehr familiären Begrüßung durch den gut gelaunten Tundirum-Vorsitzenden Herbert Habenicht kommt man auf der Bühne schnell zur Sache. „Dat Leven“, also das Leben, spielt sich in diesem unterhaltsamen Kammerspiel in der Kneipe von Wirtin Dagmar ab (Dagmar Schuster, sie ist auch die Autorin des Stücks und führt Regie). Wir befinden uns in den 50er Jahren, hier wird über das Leben schwadroniert, werden Einzelschicksale thematisiert. So auch das der Wirtin selbst. Sie beklagt, dass die Einnahmen aus der Kneipe zu gering seien („de Penunze reicht nich“) und denkt über eine Schließung nach. Sie wolle am Liebsten „nach Italienien“ auswandern, „zu den schmucken, jungen Italieniern“ – das ist allerbestes Boulevardtheater, das Ohnsorg-Ensemble winkt vom Hamburger Heidi-Kabel-Platz aus.
Mächtig viel Alkohol auf der Bühne
Hans-Jürgen Müller winkt derweil aus einem Kasten am Rande der Bühne: Er ist heute als unsichtbar-umsichtiger Souffleur tätig. Unter den Kneipengästen entspinnt sich eine Marketing-Strategie, daran beteiligt sind die Dorfschönheiten Lina und Anna (Irene Hayworth und Hella Spraktis) sowie die reiche Witwe Hiltrud (Marlies Holste). Natürlich gibt es auch eine Liebesgeschichte, zwischen Jan, dem Knecht, und Lotte, der Nichte des reichsten Bauern im Dorf, der einen Erben sucht. Es fließt mächtig viel Alkohol auf der Bühne, der Eierlikör, auf plattdeutsch „Klötenköm“, ist, nach ausführlichen Recherchen durch die Dewezet, sogar echt. Der Klare und das Bier, das die männlichen Darsteller praktisch ununterbrochen zu sich nehmen, sind es wohl nicht.
Theaterspiel mit langer Tradition
Manche der Dialoge sind zum Brüllen komisch, die vergnüglichen Handlungsfäden nehmen ihren Lauf. Ungeahnte Talente beim Singen und Tanzen werden laut beklatscht. In den beiden Pausen zwischen den drei Akten nutzten viele Gäste die Gelegenheit, sich zur Musik der Tiunegels (Heiner Düvel, Peter Knappe und Günter Styra) am reich bestückten Kuchenbuffet zu stärken.
Das plattdeutsche Theaterspiel hat eine lange Tradition im Ort. Seit 1992 erfreuen die Tundirum-Mitglieder die Gemeinde mit Stücken wie „Dat Peerd här Koleik“, „Mannsluie sind auk blos Menschen“ oder „Oller schützt vor Torheit nicht“. Auch „Wie das Leben so spielt“ reiht sich nahtlos ein in die Komödientradition und sorgt in Tündern für ein höchst vergnügliches Wochenende.
Quelle:
DEWEZET